Zeitungssterben und Informationsbedürfnis

Es ist kaum eine Woche her, dass das Ende der Frankfurter Rundschau gemeldet wurde. Morgen tagt der Aufsichtsrat von Gruner & Jahr und es gilt als wahrscheinlich, dass die Financial Times Deutschland ebenfalls eingestellt wird.

Schuld an dieser Krise der Zeitungen ist, so heißt es immer wieder, das Internet. Das ist Blödsinn. Schuld daran ist der Mensch. Anders gesagt: Die gedruckte Zeitung war lange Zeit das beste Medium um die Nachrichten zu verbreiten, die das Informationsbedürfnis des Menschen befriedigen. Papier war gut, so lange es nichts Besseres gab. Auch Rundfunk und Fernsehen waren schon immer eine harte Konkurrenz für die Printmedien, im Zweifelsfall sind sie schneller und aktueller. Aber Radio Fernsehen waren nicht so praktisch und mobil, sie ermöglichen dem Zuschauer oder Zuhörer eben nicht das Überfliegen, Überblättern, den eigenen Leserhythmus, das Nachlesen, die Lesepause zum Nachdenken und Verarbeiten oder den einfachen Wiedereinstieg genau dort, wo eine aufgehört hat zu lesen.

Das kostenlose Internet ist nicht böse, sondern besser

Die Bedürfnisse des Menschen haben sich in dieser Hinsicht so sehr nicht verändert. Nachrichten haben aktuell zu sein und der Mensch möchte das Recht der Konsum-Redaktion (überfliegen, überspringen, nur am Rande zur Kenntnis nehmen, erneut lesen, verarbeiten) und Selektion (überblättern, übersehen, ungelesen weg- oder verwerfen) in letzter Instanz bei sich wissen. Lange konnte die auf Papier gedruckte Zeitung diese Anforderungen an den Nachrichtenkonsum unter allen Medien am besten erfüllen. Das Internet kann es aber noch besser. Schnell, sekundenschnell aktuell, voller alternativer Angebote, Versionen, Varianten, erweitert um die Perspektiven von Live-Tweets, Videos, Facebook-Einträgen und Blogposts, kann das Internet mitsamt Suchmaschinen und dem Zugang zu Medien weltweit weit mehr als die Zeitung. Das Internet ist ganz einfach die bessere Zeitung. Diese war so lange gut, wie es nichts Besseres gab, um die Nachricht an den Mensch zu bringen.

Auch der Wunsch der Leser/innen, möglichst viel Information und Service für möglichst wenig Geld zu bekommen, ist wesentlich älter als das Internet.

Die Macher von Printmedien haben sich zu lange mit der Frage „Warum wollen Menschen keine Zeitung mehr kaufen?“ beschäftigt und haben darauf vor allem die frustrierende Antwort gefunden „Weil im Internet alles kostenlos zu haben ist“.

Delikatesse Qualitätsjournalismus

Die Frage muss anders lauten: „Warum sollten informationshungrige Menschen für journalistische Produkte, egal mit welchem Endgerät oder auf welchem Trägermedium sie konsumiert werden, bezahlen?“ Die Antworten darauf müssen all das benennen, was Journalismus und Medien zusätzlich zu dem bieten können, was kostenlose digitale News und Apps bieten. Recherche, Analyse und Urteilsfähigkeit werden als Kernkompetenzen von Qualitätsjournalismus in diesen Antworten vorkommen, aber sie alleine reichen nicht aus. Qualitätsjournalismus wird als Feinkostladen unter Informationssupermärkten zwar überleben. Wer mit Nachrichten und Journalismus großes Geld verdienen will, wird jedoch Tools und Apps und Algorithmen entwickeln müssen, die sehr genau entlang der Wünsche und Bedürfnisse der User entwickelt werden. Die klassischen Medienkonzerne haben hier die Nase absolut nicht vorn.

Wollen wir wetten, wann Google, Apple oder Facebook mit Yahoo im Schlepptau die ersten klassischen Medienkonzerne aufkaufen?

Papier ist geduldig – aber nicht der Mensch
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