Facebook, Google, Apple, Amazon, Microsoft. Die Riesen, die Marktbeherrscher, Giganten. Niemand mag sie, alle nutzen sie. Jetzt zeigt der Entwickler der Open Source Software Nextcloud, Frank Kalitschek, Microsoft mutig die Stirn

Logo der Open Source Software nextcloud
Logo der Open Source Software nextcloud

Im Bürobereich – und der ist ja riesig: Unternehmen, Verwaltungen, Ämter, Gemeinden, Politik – ist Microsoft unangefochtener Platzhirsch. Schon allein der Gedanke die Software zu wechseln (Stichwort Linux, OpenOffice, LibreOffice, Owncloud) ist sowohl für Privatpersonen und Soloselbstständige als auch für Unternehmen und Behörden aller Größen absurd. Zu aufwendig. Schon allein die Kosten für die Umstellung, für anschließenden Schulungsbedarf. Hinzu kommt das komische Gefühl allein auf weiter Flur zu sein. Kann das gut gehen?

Ich gebe zu, meine Open Source-Bilanz ist beschissen und das Thema auch in meiner Arbeitswirklichkeit sehr in den Hintergrund getreten. Letzte Erfahrungen, die ich mit dem Video-Konferenz-Tool Big Blue Button gemacht habe, haben mich unweigerlich in die Arme von Zoom getrieben.

Die Vision – lückenlose Open Source Umgebung

Im Hinterkopf existiert die Vision aber weiter. Ich stelle um! Ich mache den Konzernen eine lange Nase, mein nächster Rechner bekommt Linux, Firefox, Thunderbird, LibreOffice, Gimp. Ich installiere Owncloud bei meinem Provider (mit Server in Deutschland) und bin fein raus. Unabhängig und lässig, Gewinn durch Verzicht.

Davon träume ich seit Jahren und jedes Jahr habe ich den diffusen Plan, wenn ich mal Zeit habe, mach ich das, z.B. zwischen den Jahren, wenn mal nichts los ist.

Die Wirklichkeit – Bilanz 2021 oder: immer noch nicht vegan

Aber! Mut zur Wahrheit: Nein, ich werde das auch dieses Jahr nicht tun. Ich habe mir dieses Jahr zwei neue Rechner gekauft, ein leistungsstarker Mac für alle Tage, ein solider, günstiger Windows-Rechner für Reisen. Letzterer, weil es dann nicht so schlimm ist, wenn er geklaut wird.

Linux? Nee, ich brauche doch den Zoom Client, ich brauche Teams, ich brauche -zig Tools, die ich zum Teil auch unterrichte. Und ich brauche sie als Mensch, die Mobilität liebt, überall.

Es gibt 1000 Gründe für proprietäre Software und am Ende ist sie manchmal auch einfach richtig klasse, nutzer:innenfreunlich und zuverlässig. Wie die Sache mit dem Fleisch – ich sollte drauf verzichten. Aber es schmeckt mir auch manchmal verdammt gut.

Ein neuer David

Aber jetzt gibt es seit ein paar Tage mal wieder einen David, der MS-Goliath ernsthaft nerven könnte. Es ist Frank Karlitschek, Gründer und Entwickler von Nextcloud, einer freien Cloud-Software, die ähnlich wie Office 365 Cloud, Kalender, Webmailer, Videokonferenzen, Kalender etc. bietet.

Kosten entstehen nicht durch die (quelloffene) Software, sondern nur durch den Provider, bei dem ich die Online-Software installiere, wenn ich keinen eigenen Webserver habe (wer hat den schon?).

Karlitschek klagt nun beim Bundeskartellamt gegen Microsoft, weil Microsoft durch die Vorinstallation der Microsoft-Cloud OneDrive und die automatische Verbindung von registrierten Windows-Nutzer:innen bei der eigenen Cloud seine Marktmacht unangemessen ausnutzt.

Microsoft hat schon einmal verloren – mit erheblichen Auswirkungen

Die Älteren unter euch erinnern sich vielleicht noch an den Internet-Explorer (Vorgänger von Edge), der in den 90er Jahren fest und unlöschbar mit Windows verbunden war und so den – wesentlich besseren – Open-Source-Browser Firefox vom Markt verdrängte. Auch damals wurde gerichtlich entschieden, dass Microsoft die feste Verlötung von Betriebssystem Windows und Anwendungssoftware Internet Explorer auflösen muss. Der Internet Explorer konnte seitdem gelöscht werden und die Umstellung auf Firefox lief unkomplizierter.

In der Folge gewann Mozilla Firefox erhebliche Marktanteile zurück – und der Browser ist seitdem immer besser geworden. In Sachen Datenschutz ist er ein Vorreiter. Das etwas stuckrig-hölzerne, das Open-Source-Produkten bisweilen begleitet, hat so gut wie völlig verloren. Heißt:

Je größer die Nachfrage nach einer Open Sorce Software, desto besser ihre Qualität

Das beste Beispiel dafür ist im Übrigen WordPress, mit dem inzwischen annähernd zwei Drittel aller Websites erstellt werden und das sich über diese riesige (Programmierer:innen-)Community von der eindimensionalen Blog-Software zur flexiblen Alleskönnerin entwickelt hat.

Und nun habe ich mich so in Rage geschrieben, dass ich doch wieder mit der Idee spiele, dieses Jahresende jetzt aber wirklich, einmal Nägel mit Köpfen zu machen. Ich könnte z.B. den ganz alten Mac, dessen Betriebssystem sich nicht mehr aktualisieren lässt, komplett auf Open Source umstellen. Und Nextcloud mal so richtig testen.

Ich wünsche Frank Karitschek Erfolg mit seiner Klage. Und danach wachsende Marktanteile – ich bin dann dabei, falls es dieses Jahr zwischen den Jahren doch nichts wird mit dem alten Mac.

P.S. –

Bis dahin hätte ich ein Siemens-Fujitso Lapop 17 Zoll, einst Windows Vista, jetzt Ubuntu, voll funktionsfähig, CD-Laufwerk, 4xUSB, VGA, HDMI und noch ein Anschluss, von dem ich nicht weiß, was er ist, Ethernet und mit Fernbedienung (!) zu verschenken. Kommentar schreiben, Adresse angeben und ab geht die Post.

Open Source ist das neue vegan
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