Sprechblasen - sag's einfach
… sag’s einfach …

Kennst du ihn auch, den Überdruss, wenn Sätze wirken wie ein Kartenblatt, wenn sie Wort für Wort lässig auf den Tisch geblättert werden? Wenn die Aussage zum Produkt mutiert, das ohne Marketing den Wert verliert? Ich gestehe, ich wende mich immer häufiger genervt und gähnend ab, wenn der Inhalt nicht klar benannt, sondern schillernd, hip und glänzend, in ein ach so lässig daherkommendes kommendes Wording verpackt wird. Ist’s dir zu cool, bist du zu blöd.

Ich weiß, es klingt hoffnungslos verstaubt. Nach nicht mehr mitkommen, zum alten Eisen werden und Verbohrtheit. Und trotzdem!

Todays User Experience

Heute bekam ich eine Mail. Da ging es um Live-Events, Empowerment, After Work, New Work, Design Thinking, Consulting, Lessons Learned und Best Practice. Auf einer weiterführenden Website war dann von Design Thinking, Tools, Mindset, Learn-Canvas, Agile Learning und New Results die Rede. Aber ja doch!

Ich verstehe das alles, habe mir jede Vokabel in den letzten Jahren erarbeitet. Doch nagt der Zweifel schon lange an mir. Wenn all das so lebensnah ist und in die Arbeitswelt übernommen werden soll oder die Arbeitswelt damit verändert werden soll, wäre nicht auch da ein hilfreicher Grundsatz – keep it simple? Oder auch, mach’s einfach!

Ich unterrichte gerade endlich mal wieder vor Ort, präsent und in Farbe. Taiji und Qigong, hier an meinem momentanen Wohnort Garmisch-Partenkirchen. Meine Teilnehmerinnen und Teilnehmer (ich schwöre, das * wäre in diesem Fall gelogen) wohnen und arbeiten hier in der Gegend, die Mehrzahl ist mindestens jenseits der 50. Best Ager, im besten Alter, Frauen und Männer.

Learning Journey

In den letzten Unterrichtsstunden stand der Atem im Mittelpunkt. Ich erklärte die Bauchatmung, machte Übungen, die den TN halfen, den Atem zu spüren, in den Atem hinein zu entspannen und den Atem als Quelle von Kraft und Konzentration zu entdecken. Ich erzählte kleine Geschichten, die das Gelernte ausschmückten, verdeutlichten, vertieften. Als Fachbegriff führte ich außerdem den Begriff des Dantian ein, der in Qigong und Taiji eine wichtige Rolle spielt und für Atem und Bewegung sozusagen die Schaltzentrale liefert. Am Ende hatte ich den Eindruck, dass alle von jetzt an wissen, wovon ich spreche, wenn ich Bauchatmung sage. Ein echter Lern- (und Lehr-)Erfolg.

Ich hätte auch anders können. Deep Breathing, Mindfulness, Resilienz, Feelgood, Workout, breath and relax, Resilienztraining, Benefits, Breathwork … Und vielleicht hätten die Teilnehmenden dasselbe gelernt und wären mit einem anderen Atemgefühl nach Hause gegangen. Ja, wirklich?

Und hätten sie dann auch mit nach Hause genommen, dass sie immer, ob im Sitzen, Liegen, Stehen und Gehen, ob beim Kochen, beim E-Mails-Lesen, in einer Konferenz oder während eines Telefonats, bewusst atmen, tiefer atmen und damit Anspannung, Nervosität, Angst und Unruhe entgegenwirken können. Ganz selbstwirksam und ohne fremde Hilfe? Wären sie mit der Überzeugung heimgegangen, dass es beim Atmen kein Geheimnis gibt, das sie nicht schon wüssten, sondern nur vergessenes Wissen, das sie wieder ausgraben müssen?

Keep it simple

Ich habe nichts gegen Anglizismen. Aber ich mag es nicht, wenn Begriffe nicht benennen und klären, sondern überhöhen, verfremden, verrätseln, verklären, verhüllen. Mach’s einfach. Sprich einfach. Atme einfach.

Just do it – Mach’s einfach, aber bitte sag’s auch einfach!
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