Es gibt Journalist/innen, für die bedeutet suchmaschinenoptimiertes Schreiben nicht, bestimmte themenrelevante Schlüsselwörter gezielt zu verwenden und dabei auch vermutet oder nachweislich viel gegoogelte Schlüsselwortkombinationen wohl verteilt in ihre Texte zu integrieren. Für sie bedeutet suchmaschinenoptimiertes Schreiben, dass sie in jedem Text ein paar Formulierungen einbauen, die unverkennbar die ihren sind. Das sind manchmal eigenwillige Formulierungen, manchmal sogar verschwimelt nebulöse Sentenzen, die nachweislich nur in ihren Texten vorkommen.
Mithilfe solcher Passagen können Journalisten ihre Texte später in Suchmaschinen suchen und so feststellen, wo ihre Texte ungenehmigt – und vor allem unbezahlt – veröffentlicht wurden. Die illegale Zweitveröffentlichung ist eine durchaus nicht ganz unübliche Praxis, insbesondere bei Fachtexten, die weniger schnell an Aktualitätswert verlieren. Wer solche widerrechtlichen Veröffentlichungen findet, kann juristische Schritte einleiten oder einfach eine Rechnung schreiben und mit solchen Schritten drohen. Angeblich ist dieses Vorgehen ein recht probates Mittel, um zustehende Honorare einzutreiben.
Nichts, was digital und online existiert, bleibt geheim, das hätte Guttenberg wissen müssen. Wenn ihm schon die Ehrfurcht vor den Urhebern des gedruckten Worts fehlte, hätte die Furcht vor dem digitalen Wort ihn bremsen müssen. Wer heute abschreibt, wird immer erwischt. Hätt er nicht, wo er als Familienvater und Abgeordneter so wenig Zeit für seine Doktorarbeit hatte, diese einfach schreiben lassen können? Im Internetzeitalter liegt ja die Vermutung nahe, dass Menschen leichter zum Schweigen zu bringen sind als das Internet. Aber wenn er hätte schreiben lassen und der Schreiber wäre beim Verfassen so dumm gewesen, wie wir es dem Herrn Minister eigentlich gar nicht so recht zutrauen, dann hätte er ja jetzt erst recht ein Problem. Er säße in einer Zwickmühle. Und wenn wir uns nun noch vorstellen, der Schreiber sei vielleicht gar nicht so blöd gewesen, sondern habe am Ende selbst gepetzt und den Stein ins Rollen gebracht, der den Minister gerade so zusetzt, dann hätten wir jetzt eine Verschwörungstheorie gebastelt. Neinnein, bewahren wir uns das Bild vom überlasteten Familienvater und Streiter für Partei und Gesellschaft, der zwischen Mitternacht und 3 Uhr morgens seine Doktorarbeit in mühevoller Kleinarbeit bastelt und dem dabei die Formatierung des einen oder anderen Zitats samt Fußnote verloren geht.