Ich sitze auf unserer herrlichen Terasse in Bubión, Andalusien, mit Blick auf den Berghang auf der gegenüberliegenden Seite des Tales, auf das bergige Land hin bis zum Mittelmeer und vor allem auf die Teide, wichtigste Bar und größtes Restaurant im Dorf, und auf die Pension Sevillana. Für ausführliche Beobachtungen und um das Kommen und Gehen im Dorf zu verstehen, ist das ein sehr geeigneter Sitzplatz. Im Mund habe ich ein Stück Süßholz, auf dem ich herumkaue und das mir ein alter Mann verkaufte, der auf dem kleinen Platz neben der Teide einen kleinen Marktstand mit Körben, Lampenschirmen, Feuerfächern, Sandalen und Weinregalen aus Esparto-Gras (Halfa-Gras), aber auch Alpujarra-Kräutern, getoasteten Mandeln (ja, getoastet, nicht die gerösteten Mandeln in der dicken Zuckerhülle) und Nüssen anbot. Esparto-Flechterei ist ein traditionelles Handwerk dieser Region, Esparto, Halfa-Gras, ist eine typische Pflanze der iberischen Halbinsel, aus den Blättern werden Körbe, Matten, Schuhe etc. geflochten. In der Gegend rund um die Sierra Nevada, war die Esparto-Flechterei lange ein wichtiger Wirtschaftszweig. Wie der traditionelle Terassenackerbau wird auch dieses Metier fast nur noch alten Menschen betrieben, Nachwuchs gibt es kaum. Zwar gibt es in allen Touristenläden entlang der Straße durch das Poqueira-Tal Körbe aus Esparto-Gras zu kaufen. Diese stammen allerdings ausnahmslos aus der Massenanfertigung in Marokko und bleiben qualitativ weit hinter denen der hiesigen Esparto-Flechter zurück. Kürzlich haben wir in Pitres, einem Dorf im Nachbartal, in der Ferreteria, der Eisenwarenhandlung, einen großen Esparto-Korb von einem der wenigen hiesigen Esparto-Flechter gekauft. Die Eisenwarenhändlerin erzählte uns jedoch, dass der Korbmacher vor zwei Wochen gestorben sei und dass die beiden Körbe, die sie in ihrem Laden stehen hat, die letzten ihrer Art seien, weil sie nun keinen Lieferanten mehr habe. So steht bei uns im Wohnzimmer nun la penultima cesta, der vorletzte Korb, der wunderschön ist, dessen Anblick jedoch auch Wehmut weckt. Ich war daher sehr erfreut, als ich den sehr einfachen Markttisch mit den Esparto-Waren sah und fragte den alten Mann, ob er diese selbst herstellt, Ja, alles, was er verkaufe, komme aus seiner Herstellung, erklärte er und bot mit eine seiner getoasteten Mandeln an. Das Handwerk sei ja fast schon verschwunden, meinte ich und er erzählte, dass er einigen jungen Menschen das Flechten lehrt, weil das Handwerk und das Wissen darüber sonst ganz ausstirbt. Samstags sei in Capileira, dem Nachbarort, ein kleiner Markt, da würde ein Mädchen – una niña -, eine seiner Schülerinnen, auch Körbe verkaufen, jaja, wenn er sein Wissen nicht weitergebe, würde es bald gänzlich verloren gehen. Man benötigt in einem Haushalt nur eine begrenzte Anzahl an Esparto-Körben, aber ich fand einen geflochtenen Feuerfächer zum Anfachen der Glut in Kamin oder Grill, den ich schon lange entbehrt hattee. Dazu eine Tüte Kräuter für einen Tee bei Erkältungen, ebenso dringend vermisst, da ich seit zwei Tagen an einem seltsamen anfallsartigen Husten leide. Er selbst kaute auf einem Stück Holz vom Umfang eines Strohhalms, die Ästchen, etwas länger als ein Streichholz verkaufte er für 25 Cent das Stück. Auch das sei sehr gut für den Hals, erklärte er mir, als ich nachfragte und außerdem hervorragend geeignet sich vom Rauchen abzuhalten. Als echte ehemalige und immer wieder sehr sehnsüchtige und öfter schwächelnde Raucherin kaufte ich ihm ein halbes Dutzend davon ab. Ein schöner Sonntagseinkauf. Eigentlich befand ich mich, als ich auf den Marktstand stieß, auf dem Weg zur Wohnung der Reitstallbesitzerin, wo ich ein Newsletterprogramm einrichten und einen Musternewsletter erstellen wollte. Die Esparto-Begegnung ließ mich aber wieder kehrt machen – auch in der Auszeit ist Sonntag eben Sonntag und sollte für erfreulichere Dinge genutzt werden. Mañana será otro dia… – gilt auch für webagentinnen.

http://www.casarurallamasia.es/fotos/esparto.jpg
Esparto-Körbe
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2 thoughts on “Esparto-Körbe

  • 30. Mai 2017 um 20:24
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    Hallo
    Ich habe mit Interesse Ihren obigen Artikel über Espartokörbe gelesen.
    Jeden Mittwoch abend gehe ich zu einem Espartokurs in Salobreña. Dort habe ich gelernt, größere und kleinere Behälter herzustellen, diese Woche habe ich endlich einen Korb, den man über die Schulter tragen kann, beendet. Es macht wirklich sehr viel Spaß. Mehrere ältere Frauen, auch Männer und jüngere Leute sind in diesem Kurs. Und es ist schön, daß diese alte Tradition wieder modern geworden ist!
    Mein Problem ist, unsere übliche Ferreteria, wo ich simmer mein Esparto majado gekauft habe, hat seit letztem Monat keine neue Lieferung mehr. Wissen Sie zufällig eine Quelle, wo ich es kaufen könnte. Ich würde auch bis nach Capilleira fahren. Ich würde mich freuen, von Ihnen zu horen.

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    • 31. Mai 2017 um 11:09
      Permalink

      Wie schön, dass Sie dieses Handwerk erlernen! Ich habe leider auch keine Quelle mehr, der Ferreteria in Pitres geht es ebenso wie der Ihren – den alte Mann, der die letzten Körbe gefertigt hat, gibt es nicht mehr… Nach Bubión kommt hin und wieder ein ebenfalls älterer Bauer, der neben Kräutern und kleinen Schnitzereien auch kleinere Esparto-Arbeiten zum Verkauf anbietet, aber keine Körbe… Sollte ich irgendwann auf eine Quelle stoßen, informiere ich Sie hier per Kommentar. Die Fahrt nach Capilleira lohnt sich aber auf jeden Fall, auch ohne Esparto-Körbe!

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