Made in Taiwan – man möge die Häme entschuldigen, doch heute muss sie sein.
Was hier zu sehen ist, ist mein Bett, welches sich sich theoretisch mittels Hydraulik aufklappen lässt, um Dinge wie z.B. bei 30° C Raumtemperatur völlig überflüssige Bettdecken darin zu verstauen. Das tat ich gestern. Das Bett öffnete sich, öffnete sich ohne meine Einwirkung immer weiter um dann festzuhaken. Hydraulik kaputt, Bett offen. Da sich auf dieser sehr schiefen Ebene schlecht schlafen lässt bin ich nach erfolglosen Versuchen meinen Vermieter zu erreichen, selbst aktiv geworden. Ich habe mir als begabte Alltagshandwerkerin in der Roller-Werksatt nebenan den nötigen 13er-Schlüssel (Banshou – 扳手) geliehen, habe die Hydraulikfedern, die mit dem stolzen Aufdruck „Made in Taiwan“ versehen sind, auf beiden Seiten einfach abgeschraubt. Das ging nur halb im Bettkasten stehend, das Gewicht der Liegefläche musste ich dann sozusagen schultern.
Es kam wie es wohl kommen musste: Als ich aus dem Bettkasten steige, den Kasten vorsichtig schließe und mich wieder aufrichte, ist anstatt des Bettkastens meine untere Wirbelsäule blockiert.
Heute morgen schleppe ich mich ins Taiji, lasse mir von meinen Mitschülern die Adresse einer Traditionell chinesischen Medizinpraxis geben und begebe mich nach dem Unterricht direkt dorthin. Shumei, meine unendlich hilfsbereite und geduldige Taiji-Lehrerin begleitet mich um notdürftig zu übersetzen. Nach einer kurzen Doktorsvisite mit Pulsfühlen und kurzer Schilderung des Unfalls, werde ich auf eine Liege gelegt und akupunktiert. Anschließend – ich liege auf dem Bauch und kann nur spüren, nicht sehen – werde ich wohl leicht elektrisch durchflossen, dabei wird mein Kopf kräftigst wahrscheinlich mit einem Glas massiert. Später wird der untere Rücken wärmebehandelt. Dann muss ich die Liege wechseln und werde in ungefähr 10 Minuten von oben bis unten durchmassiert, eingerenkt und gestreckt, dass es erstens eine schmerzhafte Wonne ist und zweitens lauthals knackst. Während der Prozedur unterhalten sich Shumei und der Masseur über die Vorzüge von Taiji und Qi Gong und – das verstehe sogar ich – darüber, dass ich mehr entspannen müsse. Da reise ich um die halbe Welt um mir das sagen zu lassen, womit schon meine erste Karatelehrerin Ende der 80er Jahre meine Körperhaltung analysierte.
Am Ende bekomme ich noch ein Kräuter-Pflaster auf die gar nicht mehr so blockierte Stelle – das Pflaster nach vier Stunden wechseln und morgen noch einmal wiederkommen. Ich komme nach Hause, lege mich schnurstracks auf mein waagerechtes Bett und schlafe eine Stunde wie ein Stein im Koma. Jetzt fühle ich mich wie ein aus dem Koma erwachter Stein bei 33° im Schatten. Eigentlich gar nicht so schlecht. Bettschwere Made in Taiwan ist auf jeden Fall 1000 Mal besser als Betten Made in Taiwan.
Schöne Geschichte! Zeigt wunderbar, wie schmerzhaft selbst zupackende, handwerklich begabte Geistarbeiterinnen getroffen werden können, wenn sie die Entspannung vernachlässigen. Deine Vernetzung und Vertrauen in Land und Leute helfen offenbar gut. Vollends gute Besserung!