Die Ankunft am Fllughafen Taipeh. Endlich sitze ich im Auto der vorbestellten Taxifahrerin Frau Wang, die viel telefoniert und dabei einzelne Silben, ho ho ho ho ho, je je je je je, hau hau hau hau immer wieder wiederholt und herzhaft gackernd lacht. Die Fahrt dauert ewig, das erste, was ich wahrnehme, sind nagelneue Mercedes-Modelle. Wir fahren Nissan, ein riesiges Modell, dass es in Deutschland wohl gar nicht gibt, ich sitze zum Einschlafen komfortabel auf der Rückbank. Nein, ich werde nicht einschlafen, schon allein aus Höflichkeit nicht.

Zum Zeitvertreib spiele ich mit mir „Zeichen erraten“. Immerhin habe ich den ganzen Flug auf das Zeichen für Ausgang geschaut 出口 und weiß jetzt, dass 出 draußen ist – im Zeichen für die Außentemperatur in den Flugdaten tauchte es wieder auf – und 口 die Tür oder die Öffnung. Einfach, oder? Und 大 ist groß, das hat man auch schnell geraten, ebenso dass 林 etwas mit Bäumen zu tun hat. So erschließen sich beim genauen Hinsehen immer mehr Zeichen und Zeichenradikale. Doch ich sehe auch anderes, galopierende Herzen, schwitzende Schlangen, aufgestellte Heizkörper, Fernseher am Stiel, gehörnte Böcke, Zeichen, die für mich nur Bilder, die an irgendetwas erinnern, sind. Und auch, wenn sich ein Zeichen mir erschließt, bleibt diese Sprache stumm und wortlos.

Als ich irgendwann die Augen von den Autoaufschriften, Werbeplakaten, Leuchtreklamen und Straßenschildern lasse und auf die Stadt schaue, sehe ich überall Zeichen. Im Muster der Strommasten, auf den Fassaden der Häuser, in den Gittern der Balkone, der Anordnung der Straßenschilder, den aufragenden Straßenlaternen, dem Straßengewirr und in der Skyline, alles ist Schrift. Und ich bilde mir ein, totmüde, überfordert und noch gar nicht richtig angekommen, dass ich jetzt gerade das erste Mal ein kleines Stück China verstanden habe.

Get Ready – Begin. Ankunft in Taiwan
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One thought on “Get Ready – Begin. Ankunft in Taiwan

  • 3. März 2012 um 17:46
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    Ja, der Übermaß an Schriftzeichen ist fast erdrückend. Sie ziehen buchstäblich den Blick wie Magnete an. So ging’s mir beim ersten Mal dort.

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