Zum Abschluss meines Taiwan-Aufenthalts reise ich noch einmal für zwei Tage in die Berge, in die Gegend um den YuShan, dem Jadeberg. Der hier seit mindestens 3000 Jahren lebende Bunun-Stamm nennt den Berg Tongku Saveg, Unterschlupf (für die Geister). Es ist ihr heiliger Berg. Er ist 3952 m hoch, der höchste Gipfel Taiwans und liegt genau auf dem Wendekreis des Krebses. Hier gibt es viele endemische Tierarten, die Mischung aus Tropen- und alpinen Wäldern ist einmalig. Besteigen hätte ich den Berg nicht dürfen, dafür braucht es eine Genehmigung, aber wenigstens sehen wollte ich ich ihn, den viele Taiwaner gerne zum UNESCO-Welterbe erklärt hätten. Das scheitert schon im Ansatz daran, dass Taiwan wegen des komplizierten und heiklen Verhältnis zu China der UNESCO gar nicht angehört.

TungPu, der Ort, an den ich reise, liegt auf einem Bergkamm zwischen zwei Hochgebirgsketten und ist Ausgangpunkt für Wanderungen mit tollen Ausblicken auf den YuShan. Außerdem gibt es hier heiße Quellen, die, das ist selten, nicht schwefelhaltig, trinkbar und unglaublich gut für die Haut sein sollen. Und hier wird sehr guter Oolong Bergtee angebaut.

Genau der richtige Ort für eine Abschiedsreise. Zwar sagt der Wetterbericht, dass es hauptsächlich regnen wird. Aber am nächsten Morgen werde ich gute Chancen auf 2 Stunden mit Sonnenaufgang und Blick auf den YuShan haben. Als ich nach 5 Stunden Zugfahrt in ShuiLi den Bus steige, der mich in einer Stunde in das 1120 hoch gelegene TangPu bringt, beginnt es zu regnen. Während der Busfahrt beginnt es zu schütten.

Um es kurz zu machen: Ich bin 24 Stunden in TongPu und es schüttet 24 Stunden lang so heftig, dass ich gerade noch Glück habe, dass der Bus sich durch eine überschwemmte Straße noch zurück nach ShuiLi quälen kann. Die Wolken geben keinen einzigen Blick auf die hohen Berge frei.

Ist das nun eine Prüfung meiner neu erworbenen taoistischen Gelassenheit? Nimm es hin. Es ist Regenzeit und das Wetter kann man allemal nicht ändern. Warum sich ärgern? Warum Energie für Unveränderbares verschwenden? Nimm es hin und wende dich anderen Dingen zu. Der Wasserfall, der auf Prospekten ein schwaches Rinnsaal ist, ist zu einem beieindruckenden tosenden Riesen ausgewachsen. Ich habe die Spa-Anlagen mit heißem Quellwasser im Hotel für mich alleine. Ich erlebe eine sehr nette Teeverkostung. Am darauffolgenden Abend lande ich völlig ungeplant in dem sehr sympathischen PuLi, der geografischen Mitte der Insel. Und wenn der heilige Berg sich nicht zeigen möchte, ist es eben so, nimm es hin.

Hm.

Vorsichtig ausgedrückt – wäre der Himmel aufgerissen und hätte mir die Sicht auf den YuShan offenbart, hätte ich das gleichfalls gut hingenommen.

Carry the Tiger Back to the Mountain – noch einmal Tao und der Regen
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