Karlsruhe – Ich gestehe: Bis heute morgen habe ich noch nie eine VR-Brille getragen. Obwohl ich gerne in Seminaren und Workshops erzähle, Virtual Reality sei die Zukunft des Lernens, hatte ich bisher nur eine theoretische bzw. Computer-Screen-Ahnung von dem, wovon ich sprach.
Was ich jetzt schreibe, schreibe ich mit flauem Magen. Es ist zwei Stunden her, dass ich auf der simulierten Flug-Liege des VR-Entwicklers edataconsulting lag. Ein Möbel, das entfernt an einen gynäkologischen Stuhl erinnert, tatsächlich aber bäuchlings bestiegen wird und sowohl nach oben und unten als auch nach links und rechts gekippt werden kann. Links und rechts vertikale Lenkergriffe und los gehts!
I believe I can fly
Ich fliege durch eine Gebirgslandschaft mit bewaldeten Tälern, steilen Schneegipfeln und Gletschern, sanften Wiesen und Felswänden. Ich scheue kein Risiko, lege mich engagiert in jede Kurve steure voll auf die steilsten Hänge zu. Herr Jiménez von edataconsulting hat mir eine Minute freies Fliegen eingestellt, mir kommts wesentlich länger vor. Als echte webagentin steige ich dann sportlich behände vom heißen Stuhl und werde umgehend von einer Welle erstaunlicher Übelkeit überrollt. Puh.
Ich scherze noch ein bisschen mit Herrn Jimenéz über unsere (seine und meine) Generation, die die Evolution zum VR-tauglichen Menschen einfach noch nicht gemacht hat. Und darüber, dass wir auch auf Kinderschaukeln inzwischen nach dreimal Hin und Her schlapp machen. Dann ziehe ich von dannen und rede meinem Magen gut zu.
Flugzeug aufräumen Learntec 2019
Später habe noch einen kleinen VR-Einsatz im Flugzeug, wo ich gefährliche Dinge aufspüren und entsorgen muss – und kann mich dort per Knopfdruck durchs Flugzeug beamen. Das ist nicht schlecht, das Entsorgen allerdings bekommt eher eine 3minus – nachdem ich die Gegenstände aufgespürt habe, soll ich sie einfach fallen lassen. Das jedoch gibt’s noch nicht mal bei Ryan Air, da muss das Unternehmen 3spin, Gewinner des diesjährigen eLearning Awards, noch ein bisschen nachbessern. Aufräumen geht anders.
Nein, ich schreibe jetzt NICHT, dass da wohl kaum Frauen unter den Programmierenden waren.
Mein Magen rebelliert noch immer. Dem Vortrag von Jane Hart, die über ihr Thema Modern Workplace Learning (MWL) spricht, kann ich daher nicht mit 100%er Konzentration folgen. Sie zeigt auf, dass im alltäglichen Lernen Kurse, Seminare und E-Learning-Angebote die geringste Rolle spielen.
Am meisten lernen Menschen nach eigener Aussage dann, wenn sie einfach ihren Job machen, wenn Sie sich mit anderen Mitarbeitern austauschen, wenn Sie Feedback und Kolleginnen und Vorgesetzten bekommen und wenn Sie im Internet recherchieren.
Hm. Bestimmt sind VR-Anwendungen für Pilot*innen (liebes Hannover, sind das jetzt Fliegende?), für die Ausbildung von Astronaut*innen, für Taucher*innen und vielleicht auch für Kranführer*innen total wichtig. Für alle anderen scheinen weniger virtuelle und und statt dessen sozialere Lernumgebungen eher von Vorteil zu sein.